Neue Ausgrabungen im Bereich der Umwehrung des Bamberger Domberges, Oberfranken

Im Zuge der Verlegung von Gas- und Abwasserleitungen auf dem Bamberger Domberg von der Elisabethenstraße zum Vorderen Bach erfolgten archäologische Untersuchungen in den Leitungstrassen. Diese konzentrierten sich vor allem auf die Randbereiche des Plateaus, wo zu erwarten war, dass sie nicht allzu sehr von Planierungen im Zuge der Umgestaltung des Platzes zu einer repräsentativen barocken Residenz betroffen waren. Die Grabung des zum Vorderen Bach hin gelegenen Abschnitts zwischen den Häusern Domplatz 3 und 4 wurde Ende Oktober begonnen und mit Unterbrechungen bis Mitte Dezember fortgeführt (Grabungsbüro Archäologische Dokumentation unter der örtlichen Leitung von Andreas Pross).

Abb. 1 Bamberg, Vorderfront der hochmittelalterlichen Mauern. (A. Pross)

Abb. 1 Bamberg, Vorderfront der hochmittelalterlichen Mauern. (A. Pross)

Die zunächst auf die Dokumentation der Leitungstrasse beschränkte Untersuchung erbrachte so gut erhaltene Befunde zur Umwehrung, daß im Einvernehmen mit den Bauträgern eine Erweiterung der Grabungsfläche auf 5,5 x 4,5 m unumgänglich war (Abb. 1).

Die in einem Druck von 1729 überlieferte und damit fragliche Erstnennung Bambergs um 718 in der vita der später heilig gesprochenen Bilihild, der Ehefrau des thüringisch-mainfränkischen Herzogs Hetan II., erfolgte anläßlich ihrer Hochzeitsreise nach Bamberg (Babenberg veniunt, ubi multa iocolia fiunt). 902 erwähnt Regino von Prüm in seiner Weltchronik im Zusammenhang mit der Babenberger Fehde zwischen den rheinhessischen Konradinern und dem Grafen Adalbert von Babenberg um die Macht über das östliche Franken das castrum Babenberh. Nach der Niederlage der Babenberger im Jahr 906 und Königskrönung Konrads 911 gelangte der Platz in Reichsbesitz. 964-966 wurden hier der von Kaiser Otto I. abgesetzte italienische König Berengar II. von Ivrea sowie dessen Gattin Willa gefangengehalten und nach ihrem Tod mit königlichen Ehren bestattet. Mit der Bewachung des Königspaars war der Schweinfurter Markgraf Berthold betraut. 973 übereignete Kaiser Otto II. das praedium Babenberg seinem Vetter, dem Baiernherzog Heinrich dem Zänker. Um 1000 schenkte dessen Sohn König Heinrich II. die Burg als Morgengabe seiner Gemahlin Kunigunde. Die Bistumsgründung 1007, die Errichtung des ersten Doms und der Ausbau zur Königspfalz bzw. Bischofsburg machten Bamberg zu einer der wichtigsten Städte des Reiches.

Seit den Untersuchungen von Klaus Schwarz 1972 am Südrand des 6,75 ha großen, die Regnitzniederung um etwa 15m überragenden Plateaus nahe dem Westchor des Domes und der Grabungen von Walter Sage 1969-1972 unter dem Dom bestimmten Fragen um die zeitliche Einordnung, Rekonstruktion und historische Bedeutung von Burg und Siedlung auf dem Domberg die Diskussion um die Frühgeschichte Bambergs. Schwarz rekonstruierte eine vierphasige Entwicklung der Umwehrung: Zu seiner Mittelpunktsburg der Zeit um 800 bzw. des frühen 9. Jahrhunderts gehörte eine ungewöhnlich fortschrittliche, 1,2 m breite Massivmauer mit fast 10 m breiter Berme und vorgelagertem Spitzgraben (Phase 1). Etwa 850 folgte möglicherweise die Anlage einer Zwingermauer (Phase 2), um 950 der Bau einer Bastion an der äußeren Mauer (Phase 3) und anläßlich der Errichtung des staufischen Domes 1200-1237 die Niederlegung der ältesten Mauer sowie Errichtung eines innen vorkragenden Turms anstelle der Bastion (Phase 4). Die Grabungen unter dem Bamberger Dom belegten eine wohl schon seit dem 7. Jahrhundert existierende Siedlung, in der im 9. Jahrhundert eine Kirche mit Friedhof entstand. Das 1987-1993 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt Babenburg bestätigte die unter dem Dom gewonnenen Erkenntnisse, die Befunde zur Umwehrung widersprachen jedoch den älteren Rekonstruktionen. Demnach datiert die früheste nachgewiesene gemörtelte Ringmauer in die Zeit der Bistumsgründung. Ein nicht allzu tiefer früh- oder hochmittelalterlicher Spitzgraben lag oberhalb der Sutte inmitten des Südwesthangs und der vielleicht auch von Schwarz nachgewiesene Graben 5 m weiter südlich als vermutet. Die Größe der auf den Osten des Bergsporns beschränkten Babenburg wurde mit etwas weniger als 4 ha Grundfläche jetzt wesentlich geringer eingeschätzt.

Die Untersuchungen im Jahr 2003 erbrachten Befunde, die eine Neubewertung der Befestigung im Südosten des Dombergs nötig machten. Trotz der beengten Fläche waren in diesem Bereich vier Bauphasen rekonstruierbar: Von der stratigrafisch ältesten, mindestens 5 m breiten Umwehrung, hatten sich vor der Innen- und Außenseite der jüngeren Mauern ein bis zwei Lagen aus Bruchsteinen erhalten. Wegen der Mächtigkeit und Lage ist dieser Befund eindeutig einer Umwehrung zuzuordnen, deren genaue Gestalt sich freilich nicht erschließt. Eine Interpretation als zweifrontige Mauer aus Bruchsteinen in Lehmbindung ist ebenso möglich wie eine Deutung als Wall mit durch große Sandsteine befestigtem Fuß. Einige Pfostenlöcher sind ebenfalls in diesen Zeithorizont zu setzen, ohne dass ein genauerer funktionaler Zusammenhang mit dem Wall zu erkennen wäre. Eine Reihe von Scherben karolingerzeitlicher Tonware mit Analogien aus dem Bereich der Siedlung unter dem Dom bzw. dem Bereich der Alten Hofhaltung, aber auch aus 1955 erfolgten Untersuchungen im Kellerbereich des Anwesens Domplatz 4, der ehemaligen Dompfisterei, geben einen deutlichen Hinweis auf frühmittelalterliche Zeitstellung. Verknüpft man den archäologischen Befund mit der historischen Überlieferung, so ist Identifizierung mit der zu Beginn des 10. Jahrhunderts genannten Burg des Adalbert wahrscheinlich.

Bamberg. Markiert ist die Stelle der Grabung mit der 1738 abgebrochenen porta minor auf dem Stadtplan des Petrus Zweidler von 1602 (Pfeil)

Bamberg. Markiert ist die Stelle der Grabung mit der 1738 abgebrochenen porta minor auf dem Stadtplan des Petrus Zweidler von 1602 (Pfeil)

Diese Umwehrung wurde im 10. Jahrhundert durch eine tiefer fundamentierte Massivmauer ersetzt. Die zweischalige Konstruktion besitzt im Fundamentbereich eine Breite von 1,9 m und verjüngt sich auf 1,5 m im Aufgehenden. Die Mauer aus etwa kopfgroßen Sandsteinen in weißgrauem Mörtel zieht an der heutigen Hangkante entlang nach Westen unter die ehemalige Dompfisterei und bildet zumindest teilweise noch heute deren Fundament.

Diese älteste Massivmauer wurde mit einem mächtigen Baukörper (Breite 3,5 m) überbaut, dessen Außenfront innerhalb der Flucht der älteren Umwehrung verblieb. Die Anbindungen nach Osten sind durch moderne Eingriffe gestört, so dass sich keine Aussagen über deren weiteren Verlauf und damit zur Gestalt machen lassen. Die Außenfront besteht aus sorgfältig behauenen, hochkant gestellten Sandsteinplatten, der Kern ist in Gussmörteltechnik ausgeführt. Lage und Mauerstärke sprechen für Zugehörigkeit zu einem Turm oder Tor. Vergleichsbeispiele einer ähnlichen Mauertechnik finden sich etwa auf den Burgen der Schweinfurter Marktgrafen der Zeit um 1000 in Burgkunstadt, Ammerthal und Schweinfurt. Diese Datierung bestätigen zahlreiche Keramikscherben aus den zugehörigen Schichten, wobei an den Funden eine deutliche Tendenz ins 11. Jahrhundert abzulesen ist. Die Errichtung des Turms würde demnach in die Zeit der Umgestaltungen der profanen Befestigung als Domburg fallen.

Für das 14. Jahrhundert lässt sich eine weitere Veränderung aus den Grabungsbefunden herauslesen. Über dem abgebrochenen alten Turm bzw. Tor finden sich – nur in Resten erhalten – Mauerteile eines weiteren Gebäudes. Diese sind mit einiger Sicherheit dem porta minor genannten Zugang zum Domberg zuzurechnen. Diese wichtige Verbindung zum Bereich Karolinenstraße und Obere Pfarre ist, allerdings möglicherweise in veränderter Form, noch auf dem Stadtplan von Petrus Zweidler 1602 wiedergegeben .

Grabungsplan

Grabungsplan

Die als baubegleitende Beobachtung begonnene Untersuchung belegt trotz stark beschränkter Grabungsfläche, dass hier seit dem frühen Mittelalter keine durchgreifenden Geländeveränderungen vorgenommen wurden und bieten außerdem eine lückenlose Abfolge der Randbefestigungen des südöstlichen Dombergs. Es zeigte sich deutlich, dass auch archäologische Untersuchungen im Bereich enger Leitungstrassen geeignet sind, unsere Kenntnisse zur Stadtgeschichte zu erweitern.

H. Losert und J. Scherbaum

Literatur
K. Schwarz, Der frühmittelalterliche Landesausbau in Nordostbayern archäologisch gesehen. Ausgrabungen in Deutschland 1950-1975. Monographien des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz. Band 1, Teil 2, 338 ff. (Mainz 1975).

H. Wagner, Die Erstnennung Bambergs ca. 718. 137. Bericht des Historischen Vereins Bamberg, 151 ff. (Bamberg 2001).

J. Zeune, Die Babenburg des 9./10. Jahrhunderts – Die Domburg und Palatium von der Bistumsgründung bis zum Dombrand von 1081. In: L. Hennig (Hrsg.), Geschichte aus Gruben und Scherben. Archäologische Ausgrabungen auf dem Domberg in Bamberg. Schriften des Historischen Museums Bamberg, Nr. 26, 43 ff. – 63 ff. (Bamberg 1993).

Adresse der Autoren
PD Dr. Hans Losert
Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Am Kranen 14
D-96045 Bamberg

Jochen Scherbaum M.A.
Archäologische Dokumentation
Unterer Kaulberg 2,
D-96049 Bamberg

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