Einmal rings um die Pfarrkirche St. Andreas – Grabungen in der Karlstädter Altstadt

Laut einer, den Ausbau der Stadtbefestigung betreffenden, Urkunde der bischöflichen Kanzlei Würzburgs aus der Amtszeit Otto I. von Lobdeburg (1207-1223), erfolgte die Gründung von Karlstadt durch Konrad von Querfurt (1198-1202). Der sorgfältig ausgewählte Platz lag unmittelbar gegenüber der Karlsburg und der bedeutenden Karolingersiedlung Karlburg, die während der Rienecker Fehde 1236 zerstört wurde. Spätestens mit diesem Ereignis musste die neu gegründete Siedlung auf ihre Rolle als Stützpunkt gegen die, das Bistum bedrohenden, Grafen von Rieneck durch eine systematische Befestigung der planmäßigen Stadtanlage vorbereitet werden. Die Bestrebungen der Bischöfe führten dazu, dass die Siedlung bereits um die Mitte des 13. Jahrhunderts das Stadtrecht erlangte. Darauf verweist die erstmalige Bezeichnung der Bürger als „cives“ um 1262 sowie vor allem die Bezeichnung „civitas“ der Stadt selbst um 1277. Der regelhafte Stadtausbau auf dem weiten, zum Main hin leicht abfallenden, Areal erschließt sich dem Besucher in dem rasterartigen Verlauf der Straßen und Gassen. Die beiden Hauptachsen bilden die durch ein nördliches und ein südliches Tor verlaufende Hauptstraße sowie die Maingasse, die an der Flussseite durch ein drittes Tor und am Ostende – hier als „Alte Bahnhofstraße“ bezeichnet – durch die Stadtmauer begrenzt wird. Diese zieht sich annähernd halbkreisförmig um die Altstadt und bildet zum Main hin eine 400 m lange lineare Front. Im Schnittpunkt der genannten Straßenzüge liegt der Marktplatz mit dem Rathaus an seiner Ostseite. Hinter diesem erstreckt sich der Kübelmarkt und nordöstlich daran schließt sich der Kirchplatz mit der Pfarrkirche St. Andreas im Zentrum an.

Ein wiederkehrendes Thema beim christlichen Schmuck waren die Einhänger des Fünf-Wunden-Rosenkranzes, die aus Knochen gefertigt wurden

Ein wiederkehrendes Thema beim christlichen Schmuck waren die Einhänger des Fünf-Wunden-Rosenkranzes, die aus Knochen gefertigt wurden

Diese beiden zuletzt genannten Platzbereiche waren im Rahmen der Altstadtsanierung 2009 der Ort umfangreicher Baumaßnahmen, in deren Verlauf der Untergrund mit Schotter gefestigt, Versorgungsleitungen verlegt sowie die Plätze insgesamt neu konzeptioniert und gestaltet wurden. Aufgrund der zu erwartenden Funde wurde bereits im Herbst 2008 die Grabungsfirma Archäologische Dokumentation Jochen Scherbaum mit der Anlage von Sondageschnitten betraut. Für das Jahr 2009 wurde im Auftrag der Stadt Karlstadt eine Grabungskampagne beauftragt, die schließlich von März bis August dauern sollte.

Unter den zahlreichen Kruzifixfiguren befand sich diese aus Knochen geschnitzte Christusdarstellung (3,8 cm)

Unter den zahlreichen Kruzifixfiguren befand sich diese aus Knochen geschnitzte Christusdarstellung (3,8 cm)

Im Katasterplan von 1835 sind auf dem Kirchhof rings um die Pfarrkirche St. Andreas einige Gebäude eingetragen, von denen nur die Deutsche Schule (heute „Arche“ genannt) den baulichen Wandel der Altstadt überstanden hat. Diese Bauten wollen auf den ersten Blick nicht recht in das wohlstrukturierte Ortsbild der schachbrettartig angelegten Altstadt passen. Die Ursache für diese Abweichung findet sich im Baubefund, den dieser Plan nicht zeigt, nämlich der alten Friedhofsmauer, in deren Verlauf die Gebäude eingebunden waren.

Da die Baumaßnahmen den gesamten Kirchplatz betrafen, lag die Untersuchung dieses Friedhofs im Fokus der Grabung. Die Belegung desselben endete 1806, seine Anfänge reichen vermutlich in die Zeit der Stadtgründung an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert zurück. Der Abbruch der Friedhofsmauer und die Einebnung des Areals erfolgten um 1820. Als Folge dessen endete auch nach und nach die Nutzung eines Teils der umliegenden Gebäude, die noch im Kataster verzeichnet sind. Als einziges intaktes Relikt hat schließlich die „Arche“ die frühere Umgestaltung des Platzbereichs überdauert. Weitere Ergebnisse zur Siedlungsstruktur sollten die Untersuchungen außerhalb des Friedhofsareals erbringen, da zwischen dem ehemaligen Friedhof und den umliegenden Häuserfronten mehrere Freiflächen von den Grabungen betroffen waren. Außerdem bestand die Hoffnung, neue Hinweise auf den romanischen Vorgängerbau der Pfarrkirche St. Andreas zu erhalten.

Die ursprüngliche Konzeption mit Seitenturm, der heute in Form eines Turmstumpfes an der südlichen Chorseite die Alte Sakristei bildet, wurde zugunsten der moderneren Variante mit dominierenden Westturm an der Eingangsfront abgelöst. Turm und Hauptportal bilden noch heute die ältesten, sichtbaren romanischen Bauteile der Pfarrkirche, die in der Zeit von 1370 bis 1515 zu der beeindruckenden gotischen Ausführung umgebaut wurde.

Die unteren Lagen der Ummauerung des Kirchhofes waren in weiten Teilen erhalten geblieben. Aus den untersuchten Abschnitten ließ sich ein oktogonaler Grundriss rekonstruieren, wobei die West-Ost und die Nord-Süd verlaufenden Seiten sich an der Ausrichtung der umgebenden Straßenzüge orientierten. Aus den gesicherten und den rekonstruierten Baustrukturen ergab sich eine Gesamtlänge der Friedhofsmauer von ca. 200 m und sie umfasste relativ genau eine Fläche von 3000m2. Die Höhe der untersuchten Abschnitte variierte zwischen 40 und 60 cm, die Breite betrug 70 bis 80 cm, an wenigen Stellen erreichten sie bis zu 1 m. Die Mauer bestand durchschnittlich aus 2 bis 4 Lagen Muschelkalk und teilweise Buntsandstein. In fast allen Baubefunden – einschließlich denen der Pfarrkirche St. Andreas – kehrte die Verwendung dieser Materialien wieder, liegt Karlstadt doch in unmittelbarer Nähe des Kontaktbereichs dieser beiden Triassedimente. Auffällig war die Verwendung teils recht grober Quader, die in dieser Menge vom Abbau der im Bauernkrieg 1525 zerstörten Karlsburg stammen können.

Aus dem Friedhofsareal wurden etwa 450 Bestattungen geborgen und dokumentiert. Da nur bis zu der Tiefe untersucht wurde, die für den Aufbau des Schotterpaketes notwendig war, dürfte die tatsächliche Zahl der Gräber um ein Vielfaches höher sein. Aufgrund der unterschiedlichen Belastungsansprüche des zu erwartenden Verkehrsaufkommens war für den südlichen Kirchplatz eine Zieltiefe von 1 m vorgegeben, für den nördlichen Abschnitt lediglich 0,5 m. Es konnte daher nur der jüngere Teil der Bestattungen erfasst werden, während die älteren christlichen Gräber, wegen der allmählichen Anhäufung der mehrfach umgelagerten Friedhofserde sicherlich tiefer liegen.

Mit der Einebnung des Areals im 19. Jahrhundert wurde ein Teil des aufgewölbten Friedhofbodens abgetragen, was zur Folge hatte, dass vereinzelt Bestattungen bereits in einer Tiefe von 30 bis 40 cm unter dem heutigen Straßenniveau auftraten.

Aus den Gräbern konnte eine Vielzahl von Schmuckbeigaben in Form von Rosenkränzen, Kruzifixen, Medaillons, Pilgerzeichen und andere Motiven des christlichen Volksglaubens geborgen werden. Besonders vielfältig waren die verschiedenen Ausführungen der Rosenkränze aus Holz, Glas, Knochen, Buntmetall und Gagat. Diese Gebetshilfen breiteten sich während des 16. Jahrhunderts stark aus. Ein wiederkehrendes Element bildeten die Einhänger des so genannten Fünf-Wunden-Rosenkranzes, einer Eigenart, die sowohl im süddeutschen als auch südeuropäischen Raum verbreitet war. Mehrfach fanden sich aus Knochen geschnitzte Schädel, Hände, Füße und Herzen, teils mit Wundmalen versehen oder bemalt. Diese Thematik ergänzende Symbole, wie beispielsweise die Martersäule oder ein Bündel der Kreuznägel, wurden ebenfalls identifiziert. Von zahlreichen weiteren christlichen Schmuckelementen hatten sich meist nur Artefakte aus Buntmetall, Glas und Knochen erhalten, darunter viele Kruzifixe – teils in Metall gefasste Holzkreuze mit Perlmutteinlagen – Caravacakreuze und Christusfiguren. Einige der geschnitzten Knochenfunde belegen Sinn für Details und Kunstfertigkeit. Neben Schmuck überdauerten in mehreren Gräbern auch Reste von Trachtbestandteilen in Form von Gewandhaken, Schnallen, Schließen und Knöpfen. Ausschließlich in Kindergräbern fanden sich einige Totenkronen aus zartem Buntmetallgeflecht.

An der Südseite der Pfarrkirche wurde durch die Setzung der Fundamente ein Steinkistengrab gestört

An der Südseite der Pfarrkirche wurde durch die Setzung der Fundamente ein Steinkistengrab gestört

Die Untersuchung der Grabstätten erlaubte zudem erste Aussagen zur Demographie der Bevölkerung. Demnach waren über ein Viertel der Individuen Säuglinge oder Kleinkinder bis 6 Jahre. Annähernd die Hälfte erreichte das Erwachsenenalter, während ca. 20 % die Altersstufe matur II überschritten. Etwa 60 % der Individuen waren weiblichen und dementsprechend ca. 40 % männlichen Geschlechts. Des Weiteren konnten verschiedene Krankheitsbilder und Verletzungen dokumentiert werden. Besonders häufig waren, neben den üblichen Zahnerkrankungen, vor allem arthritische Missbildungen in Folge von Gicht oder auch das Auftreten des Bechterev-Syndroms. Auch Spoliosen und Spuren von Knochenentzündungen, möglicherweise als eine Folge von TBC, wurden nachgewiesen.

Die Belegungsdauer des Friedhofs geht wohl bis in die Zeit der Stadtgründung zurück. Dies zeigen Keramikfunde aus der Friedhofsverfüllung, welche ein zeitliches Spektrum vom 13. bis in das frühe 19. Jahrhundert umfassen. Die identifizierten Reste der Friedhofsmauer stammen jedoch aus jüngerer Zeit. Vermutlich wurde sie errichtet, nachdem die gegenüberliegende Karlsburg im Bauernkrieg zerstört worden war und eine Bauwelle durch Karlstadt ging. Diese Bautätigkeit ist an den vielen Inschriften und Datumsangaben der erhaltenen Gebäude zu erkennen, die noch heute das Stadtbild prägen.

Dass die Nutzung des Areals als Friedhof zeitlich weiter zurück reicht als seine Ummauerung, wird durch Befunde hinreichend belegt. Diesen Umstand zeigt anschaulich der Fund einer Bestattung (Bef. 436) im südlichen Kirchhof, die sowohl unterhalb als auch teilweise außerhalb der Friedhofsmauer lag.

Zu den ältesten Gräbern zählt eine unmittelbar am Fundament des Langschiffes auf der Südseite der Kirche gelegene Bestattung, welche durch nachfolgende Baubefunde gestört wurde. Sie war von drei Buntsandsteinquadern flankiert, die offensichtlich zur Einfassung des Grabes gehörten. Bei dieser Form handelt es sich um eine seit dem frühen Mittelalter übliche Bestattungsart, im Würzburger Friedhof zwischen Neumünster und Dom datieren solche Steinkistengräber in das 11./12. Jahrhundert.

Die weiteren Untersuchungen betrafen vor allem die an die Friedhofsmauer angesetzten Gebäude. Sowohl der Katasterplan als auch der Grabungsplan zeigen, dass die Gebäude meist an den diagonal zum Wegeraster verlaufenden Seiten der Friedhofsmauer angesetzt wurden. Auf diese Weise wurden die Durchfahrten entlang der flankierenden Gassen nicht behindert.

Im Nordwesten des Kirchhofs fanden Untersuchungen am sogenannten „Kirchner-Häuslein“ statt, das an die Nordost-Südwest verlaufende Mauer angebaut war. Erkennbar war der Schwellenkranz eines Fachwerkhauses mit den Außenmaßen 10,70 m x 4,35 m bis 6,90 m. Die Fundamentstärke betrug 50 bis 70 cm. Innerhalb dieser Struktur fand sich ein intaktes Kellergewölbe (Bef. 120), aus dessen Verfüllung große Mengen menschlicher Gebeine geborgen wurden, die über Siedlungsschutt des 16. bis 18. Jahrhunderts lagen. Mit der Entnahme offenbarte sich die konstruktive Verbindung des Gebäudes mit der Friedhofsmauer, welche die Rückwand des Kellers bildete und nur an dieser Stelle bis zu einer Tiefe von 1,90 m reicht. Wie bereits beim Messnerhaus beobachtet wurde beim Bau des Kellers die Friedhofsmauer unterfangen. Im Scheitelpunkt des Gewölbes wurde gleichzeitig eine Nische (Karner) eingearbeitet, durch die Material in den Keller gefüllt werden konnte. Möglicherweise wurden in diesen Keller zumindest teilweise Knochen des ehemaligen Beinhauses entsorgt, als der Friedhof zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgelassen wurde.

Unmittelbar nördlich dieses Gebäudes kamen die Reste eines Brunnens (Bef. 143) zum Vorschein. Er bestand aus bis zu sechs Lagen grober Quader aus Muschelkalk. Ihre Form war teilweise sehr unregelmäßig, die geraden Kanten wiesen jedoch stets zur Brunneninnenseite. Die gesamte Konstruktion wurde ohne Bindemittel in die umgebende Erde gesetzt. Den Vorgaben entsprechend wurde die Brunnenfüllung lediglich 1 Meter tief ausgeräumt. In dieser vergleichsweise geringen Tiefe konnten keine Funde geborgen werden.

Ein anderer 60 bis 70 cm breiter und etwa 50 cm hoher Schwellenkranz bildete einen rechteckigen Grundriss von etwa 14 x 8,50 m (Bef. 250). Die Lage entspricht dem auf dem Katasterplan nicht näher bezeichneten Gebäude mit der Nummer 98 an der Nordseite des Friedhofes. Mehrere Bestattungen innerhalb des Schwellenkranzes belegen, dass dieses Gebäude nachträglich in den Verlauf der Friedhofsmauer eingebunden wurde. Dabei musste das Haus relativ weit in das Friedhofsareal gesetzt werden um die nördlich gelegene Durchfahrt nicht zu behindern.

Kellergewölbe und Schwellenkranz des Kirchner-Häusleins aus der Kirchturmperspektive

Kellergewölbe und Schwellenkranz des Kirchner-Häusleins aus der Kirchturmperspektive

Diese zeitliche Abfolge belegte auch der Befund der „Arche“, deren Fundament auf die bereits bestehende Friedhofsmauer gesetzt wurde. Auch dieser Fachwerkbau musste etwas innerhalb des Friedhofs gesetzt werden, die verbliebene Durchfahrt auf der Südseite ist dennoch recht schmal.

In den Verlauf der Friedhofsmauer waren zusätzlich zwei Schächte (Bef. 470 & 660) unbekannter Funktion integriert, die sich im Nordwesten sowie im Südosten der Befestigung befanden. Die Innenmaße beider Konstruktionen waren ähnlich groß (1,80 x 1,30 m bzw. 1,60 x 1,50 m, Tiefe jeweils ca. 1 m). Ihre Sohle bildete jeweils der anstehende, lehmig verwitterte Muschelkalk.

Die Verfüllung mit der darin enthaltenen Keramik und anderen Siedlungsabfällen weist in das 17. bis 18. Jahrhundert und reicht somit in die Spätphase der Friedhofsnutzung.

Nur wenige Befunde standen im Kontext mit der Errichtung der Pfarrkirche, brachten jedoch keine neuen Aufschlüsse bezüglich ihrer Baugeschichte. An der Südseite des Langschiffes wurde ein Mauerfortsatz (Bef. 355) von 3,20 m Länge und 1,10 m Breite freigelegt. Trotz eingehender Untersuchung konnte nicht geklärt werden, ob das Kirchenfundament über diesen Fortsatz hinweg gebaut wurde oder ob es sich lediglich um einen späteren Maueransatz handelt. Möglich ist auch eine Fehlplanung während des Bauvorhabens, so dass dieses Rudiment ungenutzt verblieb.

Ein anderer Baubefund (426) bildet, ausgehend von zwei Strebepfeilerfundamenten, einen rechteckigen Bereich im südwestlichen Zwickel zwischen Lang- und Querschiff. In dem unsorgfältig ausgeführten Mauerwerk waren Spolien von gotischen Maßwerkfenstern verbaut, die an dieser Stelle erst nach dem abgeschlossenen Umbau von St. Andreas im 16. Jahrhundert verwendet worden sein können.

Durch die Ausschachtung wurde außerdem im südlichen Chorbereich der Sockel der Pfarrkirche freigelegt, welcher zuvor unter einem Grünstreifen und Asphalt lag. Da das Bodenniveau von West nach Ost leicht ansteigt, verschwand der Sockel einschließlich des Sockelgesimses durch die bauliche Gestaltung der Zufahrt zum südlichen Kirchplatz. Besonders der Historische Verein Karlstadt setzte sich für den sichtbaren Erhalt des Sockelgesimses ein. Dieser Vorschlag wurde daraufhin in das Platzkonzept aufgenommen und ein tiefer gelegter und begehbarer Bereich geschaffen, der das baugeschichtliche Element zukünftig präsentiert.

Außerhalb des Friedhofs waren nur wenige Befunde aufgedeckt worden. Offensichtlich wurde zu diesem Areal ein gewisser baulicher Abstand eingehalten. Nördlich der Friedhofsmauer bestätigt dies ein großflächiger Pflasterbereich (Bef. 241), in dessen Umgebung mehrere Gruben untersucht wurden, die Keramikfunde aus dem 13. Jahrhundert erbrachten.

Auch auf der Südseite fand sich, innerhalb einer Brandschüttung (Bef. 663) nahe der „Arche“, Keramik aus dem 13. bis 14. Jahrhundert. Bauliche Strukturen wurden dagegen nicht identifiziert.

Die Grabungen erbrachten in erster Linie Hinweise zur konstruktiven Anlage des Kirchhofs und der umliegenden Gebäude. Die Ummauerung des Friedhofs fällt vermutlich in die Bauwelle zu Beginn des 16. Jahrhunderts, wobei die zerstörte Karlsburg als Steinbruch diente. In den folgenden Jahrzehnten setzte man die umliegenden Gebäude, die im Katasterplan von 1835 verzeichnet sind, an die Friedhofsmauer an.

Einige Befunde sowie ältere Keramik lassen den Schluss zu, dass die Nutzung des Areals als Friedhof bis in das 13. Jahrhundert zurückreicht.

Für das Gebiet außerhalb des Friedhofs ergab die Untersuchung mehrerer Befunde eine annähernd zeitgleiche Datierung.

Die Grabungsmaßnahmen lieferten keine bedeutenden Aufschlüsse im Hinblick auf die Baugeschichte der Pfarrkirche St. Andreas. Reste von Vorgängerbauten wurden nicht aufgedeckt und auch der Fund eines Mauerfortsatzes (Bef. 355) auf der südlichen Langschiffseite brachte keine neuen Erkenntnisse zur Baugeschichte.

Dagegen ließen die dokumentierten Bestattungen erste Aussagen zur Struktur der Bevölkerung zu. Eine weitergehende anthropologische Untersuchung der vielen Skelette bietet die Aussicht auf interessante, demographische Forschungsergebnisse innerhalb einer geschlossenen Population.

Das breite Fundspektrum an christlichem Schmuck ermöglicht Einblicke in die lokale Tradition und Fertigungsweisen sowie auch auf den sozialen Stand der Träger. Gerade für solche Artefakte des 16. bis 18. Jahrhunderts besteht ein Potential zur Erarbeitung feiner abgestufter Chronologien, die als Hilfestellung für zukünftige Forschungen dienen können.

Publiziert in, Ulrich Müller: Rund um St. Andreas. Grabungen in Karlstadt, in Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Das archäologische Jahr in Bayern 2009, Stuttgart 2010, S.153-156

Literatur
Michael Hoppe, Arch. Jahr Bayern 2007, 148-150
Werner Zapotetzky, Karlstadt. Geschichte einer Stadt in Franken (Ochsenfurt 1980)
Urs-Beat Frei/Fredy Bühler, Der Rosenkranz: Andacht – Geschichte – Kunst (Bern 2003)

Grabungsleitung und Grabungsdokumentation
J. Scherbaum & U. Müller, Fa. Archäologische Dokumentation, Bamberg

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